Kinesiotape in der Logopädie
Im Onlineportal AWMF wurde die Sk2-Leitlinie “Hypersalivation” aktualisiert.
Im Onlineportal AWMF wurde die Sk2-Leitlinie “Hypersalivation” aktualisiert.
Hypersalivation bezeichnet einen relativ oder absolut übermäßigen Speichelfluss, der durch insuffiziente orofaziale Fähigkeiten, verminderte zentralnervöse Kontrolle und Koordination oder gestörte Schluckabläufe in unterschiedlichem Umfang zu einem Benässen von Lippen, Kinn, Händen und auch der Umgebung führen kann. Dieses reduziert die sozialen Interaktionsmöglichkeiten und erhöht den Pflegeaufwand. Besteht eine ausgeprägte Speichelaspiration, sind Schutzintubation oder Tracheotomie mit ihren Folgen für den Krankheitsverlauf und die Folgekosten häufig nicht zu umgehen.
Die Diagnostik- und Therapiemaßnahmen sollten frühzeitig multidisziplinär erfolgen. Schwerpunkte sind die Abklärung von Schluckstörungen mit Speichelaspiration und von orofazialen motorischen Defiziten. Als diagnostische Verfahren sind zu nennen: Klinische Screeninguntersuchungen sowie 1.) gezielte HNO-ärztliche, ggf. phoniatrische Untersuchungen des Mund-Rachenraums, des Kehlkopfs, der Schluck-und Sprechfunktionen und der inneren Nase. oder 2.) bei neurogenen Dysphagien neurologische Untersuchungen incl. fiberendoskopischer Schluckuntersuchung (FEES). Radiologische Verfahren wie z. B. die Videofluoroskopie können wichtige, sich ergänzende Informationen zur Genese, Therapieauswahl und -kontrolle liefern.
Sowohl bei neurologischen, traumatischen oder tumortherapeutischen Defektstörungen sind schlucktherapeutische Übungsmaßnahmen zur Aktivierung und zum Erlernen von Kompensationsmechanismen unverzichtbar. In Einzelfällen können auch chirurgische Interventionen sinnvoll sein z.B. die Myotomie des oberen Ösophagussphinkters. Insbesondere bei Kindern mit hypotoner orofazialer Muskulatur sind myofunktionelle Therapiekonzepte indiziert. Zusätzlich können orale Stimmulationsplatten als kieferorthopädische Intervention durch die Veränderung der Zungenaktivität und – positionierung sowie den verbesserten Lippenschluss zu einer Symptomreduktion im multimodalen Therapiekonzept führen. Sinnvolle medikamentöse Therapien bei akuter Hypersalivation sind insbesondere die verschiedenen Applikationsformen von Glycopyrrolat, von denen Glycopyrroniumbromid 2017 eine europaweite Genehmigung für die pädiatrische Verwendung (PUMA) zur symptomatischen Behandlung von Hypersalivation bei Kindern und Jugendlichen erhalten hat. In den letzten Jahren hat sich die Injektion von Botulinumtoxin in die großen Speicheldrüsen als effektive und sichere Behandlungsform mit einer lang anhaltenden Speichelreduktion erwiesen. Für Incobotulinumtoxin A ist die Zulassungsstudie bei Erwachsenen aktuell abgeschlossen. Chirurgische Eingriffe der Speicheldrüsen bleiben 3 Einzelfällen vorbehalten. Die externe Bestrahlung der Speicheldrüsen ist, insbesondere wenn sie in moderner 3-D-konformaler Technik unter maximaler Schonung des umliegenden Gewebes durchgeführt wird, eine sichere und effektive Therapie. Sie bleibt aber aufgrund des möglichen karzinogenen Potentials als ultima ratio schwerwiegenden und sonst therapierefraktären Krankheitsbildern vorbehalten.
In einer regelhaften Nachsorge sind Therapieeffekte und mögliche Nebenwirkungen zu erfassen; insbesondere bei neurodegenerativen Erkrankungen ist die individuelle Dynamik der Symptomverschlechterung zu berücksichtigen. Der Einfluss der resultierenden relativen Mundtrockenheit soll u.a. in Hinblick auf die Mundschleimhaut, die Zahnhartsubstanz und die Einspeichelung bei der Nahrungsaufnahme geprüft werden.
https://register.awmf.org/assets/guidelines/017-075l_S2k_Hypersalivation_2018-11.pdf
Unter
heißt es
… Bei Kindern ist die häufigste Ursache der funktionellen Hypersalivation der ungenügende orofaziale Muskeltonus, der zum Austritt von Speichel aus dem Mund führen kann. Nach sorgfältiger interdisziplinärer Abklärung und Ausschluss organischer Störungen steht zunächst die Förderung der Wahrnehmung durch neurosensorische Stimulation im Vordergrund, um eine möglichst normale Reflexentwicklung im orofazialen Bereich zu erreichen. Ziel der weiteren Behandlung ist die Optimierung sensorischer und motorischer Fähigkeiten, des Muskeltonus mit der Kieferstellung mit der Mundöffnung, ggf. unter Einbeziehung der Myofunktionellen Therapie (MFT). Je jünger das Kind ist und je mehr die Hypersalivation ein Symptom einer gesamtkörperlichen Erkrankung oder eines Syndroms ist, desto mehr fließen gesamtkörperliche Maßnahmen in die Therapie ein. Als eine neue Methode mit positiven Auswirkungen auf die orofaziale Motorik und einer Reduktion der 12 Sialorrhoe wird für Kinder mit neurologischen Grunderkrankungen durch das Kinesio-Taping beschrieben (44 ).
…
https://register.awmf.org/assets/guidelines/017-075l_S2k_Hypersalivation_2018-11.pdf
Gültigkeitsdauer: Gültig bis 2023
Erstveröffentlichung: 01/2013
Überarbeitung von: 09/2018
Nächste Überprüfung geplant: 09/2023
(44) Mikami DLY, Furia CLB, Welker AF. Addition of Kinesio Taping of the orbicularis oris muscles to speech therapy rapidly improves drooling in children with neurological disorders. Dev Neurorehabil. 2017 Sep 21:1-6.
Dieses Tape wird zur Regulierung des Speichelflusses verwendet. Es wird am Mundboden quer in einer Ligamenttechnik über die Speicheldrüse geklebt. Das Tape wird abgemessen und danach mit zehn Prozent Zug auf die Drüse geklebt. Dadurch soll der Speichelfluss verringert werden. In seltenen Fällen kann es zu einer Überproduktion von Speichel kommen. In diesem Falle sollte das Tape natürlich sofort entfernt werden.
Für eine optimale Wirkung sollte das Tape fünf Tage auf der Haut verbleiben. Anschließend werden zwei Tage pausiert, bevor ein neues Tape geklebt werden kann.