Urlaub von Therapeuten- Eine Einordnung aus der Rechtsabteilung

„Urlaub – das ist die schönste Zeit des Jahres!“

Um in diesen Genuss zu gelangen, müssen deine Mitarbeiterinnen in der Regel nur rechtzeitig einen Urlaubsantrag stellen. Es kann so einfach sein! Aber was geschieht, wenn alle deine Mitarbeiterinnen in der Ferienzeit gleichzeitig Urlaub nehmen möchten, du Betriebsferien anordnen möchtest, deinen Mitarbeiterinnen am Jahresende noch weitere Urlaubstage zustehen, deine Mitarbeiterinnen im Urlaub krank werden oder das Arbeitsverhältnis beendet wird? Diese und andere Fragen rund um das Thema „Urlaub“ stellen sich immer wieder. Ich möchte dir daher in diesem und in einem weiteren Beitrag einen kurzen Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten dazu geben.

Gastautorin Rechtsanwältin Nadine Seidel ist erfahrene Expertin für das Thema Urlaubsrecht für Therapeuten aus Berlin.

1. Wie viele Urlaubstage musst du deinen Mitarbeiterinnen im Kalenderjahr gewähren?

Gemäß dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) haben deine Mitarbeiterinnen (für Minderjährige und Schwerbehinderte gelten beim gesetzlichen Mindesturlaub Besonderheiten) im Kalenderjahr bei einer

  • 6-Tage-Woche einen Mindesturlaubsanspruch von 24 Tagen,
  • 5-Tage-Woche einen Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen,
  • 4-Tage-Woche einen Mindesturlaubsanspruch von 16 Tagen,
  • 3-Tage-Woche einen Mindesturlaubsanspruch von 12 Tagen,
  • 2-Tage-Woche einen Mindesturlaubsanspruch von 8 Tagen.

Erbringen deine Mitarbeiterinnen ihre Arbeitsleistungen von Montag bis Freitag, ist bei der Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs die 5-Tage-Woche zugrunde zu legen. Dahingegen ist von einer 6-Tage-Woche auszugehen, wenn deine Mitarbeiterinnen von Montag bis Samstag arbeiten.

Selbstverständlich kannst du deinen Mitarbeiterinnen auch Urlaubstage über den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch gewähren. Hierfür sollte die genaue Anzahl der Tage ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden. Außerdem ist es zu empfehlen, zwischen dem gesetzlichen und dem zusätzlichen Urlaub (sog. Mehrurlaub) zu unterscheiden. Enthält der Arbeitsvertrag keinerlei Regelungen zur Höhe des Urlaubsanspruchs, besteht lediglich ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub.

2. Ist der Urlaub bei Teilzeit immer anteilig zu kürzen?

Teilzeit bedeutet nicht automatisch immer weniger Urlaub als bei Vollzeit.

Arbeiten deine Mitarbeiterinnen in Teilzeit, ist der Urlaubsanspruch ausschließlich danach zu berechnen, an wie vielen Tagen sie ihre Tätigkeit in der Woche erbringen.

Fallbeispiele:

  • Deiner Mitarbeiterin, die zum Beispiel 20 Stunden in einer 5-Tage-Woche von Montag bis Freitag arbeitet, stehen ebenso viele Urlaubstage zu, wie deiner Mitarbeiterin, die ihre Arbeitszeit von 40 Stunden in einer 5-Tage-Woche erbringt.
  • Erbringt deine Mitarbeiterin ihre Arbeitszeit von 20 Stunden aber nur an 3 Tagen in der Woche, dann stehen ihr nach dem BUrlG hingegen nur 12 Urlaubstage im Kalenderjahr zu.

3. Stimmt es, dass man während der Probezeit im neuen Arbeitsverhältnis keinen Urlaub nehmen darf?

Der volle Urlaubsanspruch entsteht gemäß § 4 BUrlG erst, wenn das jeweilige Arbeitsverhältnis insgesamt sechs Monate bestanden hat. Das bedeutet aber nicht, dass während der ersten sechs Monate noch gar kein Urlaubsanspruch besteht. Während dieser Wartezeit erwerben deine Mitarbeiterinnen mit jedem vollen Monat, den das Arbeitsverhältnis besteht, einen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Diese „angesammelten“ Urlaubstage können deine Mitarbeiterinnen aber erst nach Ablauf der ersten sechs Monate in Anspruch nehmen. Abweichend von diesen gesetzlichen Vorgaben kannst du den Urlaub selbstverständlich auch innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gewähren, einen Anspruch darauf haben deine Mitarbeiterinnen jedoch nicht.

Fallbeispiel:

Bestand das Arbeitsverhältnis deiner Mitarbeiterin, die in Vollzeit in einer 5-Tage-Woche arbeitet, lediglich zwei Monate, steht ihr ein gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch von 3,33 Tagen (20 Urlaubstage / 12 Monate x 2 Monate) zu.

Gemäß § 5 Abs. 2 BUrlG werden Bruchteile von Urlaubstagen auf volle Urlaubstage aufgerundet, wenn diese mindestens einen halben Tag ergeben. Fehlt aber (etwa im Arbeitsvertrag) eine gesonderte Rundungsvorschrift, kommt eine Abrundung – wie im vorgenannten Beispiel auf 3 Tage – nicht in Betracht.

4. Können deine Mitarbeiterinnen den Urlaubszeitpunkt frei bestimmen?

Sicherlich kennst du diese Situation: Es ist Sommerzeit und alle Mitarbeiterinnen möchten zur gleichen Zeit Urlaub nehmen. Was tun?

Grundsätzlich haben deine Mitarbeiterinnen keinen Anspruch darauf, dass sie ihren Urlaub zu einem bestimmten Zeitraum nehmen können. Das bedeutet aber nicht, dass du die Urlaubswünsche deiner Mitarbeiterinnen bei der Festsetzung des Urlaubs gar nicht berücksichtigen musst. Es muss abgewogen werden zwischen den Wünschen und Interessen deiner Mitarbeiterinnen und deinen betrieblichen Erfordernissen, wozu auch die Berücksichtigung der Wünsche anderer Mitarbeiterinnen untereinander gehört. Der Urlaub ist wie gewünscht zu gewähren, wenn gemäß § 7 BUrlG keine dringenden betrieblichen Belange (z. B. sehr viel oder sehr dringend zu erledigende Arbeiten oder personelle Engpässe aufgrund unvorhersehbarer Umstände) oder Urlaubswünsche anderer Mitarbeiterinnen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen (etwa Mitarbeiterinnen mit schulpflichtigen Kindern), entgegenstehen.

Überschneiden sich die Urlaubswünsche und überwiegen die sozialen Kriterien bei keiner der betroffenen Mitarbeiterin bietet sich beispielsweise die Einführung eines rotierenden Systems an. Damit kann etwa festgelegt werden, wann welche Mitarbeiterin in welchen Ferien bzw. an welchen Brückentagen Urlaub nehmen kann und nach welchen Kriterien ein regelmäßiger Wechsel stattfindet.

5. Kannst du Betriebsferien anordnen?

Insbesondere bei kleineren Praxen ist es unter Umständen sinnvoll bzw. erforderlich, die Praxis über einen bestimmten Zeitraum (z.B. Sommerferien, Weihnachten u.ä.) vollständig zu schließen. In diesem Fall kannst du unter Umständen Betriebsferien anordnen, wenn dringende betriebliche Belange hierfür vorliegen, du deine Mitarbeiterinnen hierüber rechtzeitig informierst (möglichst vor Beginn des Urlaubsjahres) und deinen Mitarbeiterinnen zusätzlich zu den Betriebsferien noch ein wesentlicher Teil des Jahresurlaubs verbleibt, der für sie frei planbar ist.